«Das schönste Auto der Welt»: So kaufen Sie einen Jaguar E-Type

Judith Heede
Judith Heede

Am 11.08.2024 - 15:55

Ein E-Type ist kein Auto, er ist eine Legende. Wie die Beatles und Bardot, zählt der Rennwagen noch heute zu den Ikonen der Swinging Sixties.

Roter Jaguar E-Type Cabrio auf der Strasse im Sonnenschein.
Für viele Autoliebhaber gehört der Jaguar E-Type zu den schönsten Autos der Welt – und der Geschichte. - Depositphotos

Der Jaguar E-Type, auch bekannt als XK-E, ist mehr als nur ein Auto – er ist ein Stück Automobilgeschichte. Seit seiner Markteinführung im Jahr 1961 wurde er sofort für seine Schönheit, Leistung und fortschrittliche Technik gefeiert.

Die aerodynamisch geformte, rassige Karosserie mit der aus zwölf Blechen montierten, fast zwei Meter langen Motorhaube war das Werk des Luftfahrtingenieurs Malcom Sayer. Wie der Minirock, die Beatles oder Brigitte Bardot gilt der Wagen bis heute als eine Ikone der Swinging Sixties.

«Die geschrubbte Flunder»

Der Jaguar E-Type ist ein britischer Sportwagen, der ästhetische Anmut mit technischer Finesse verbindet. Enzo Ferrari nannte ihn «das schönste Auto, das je gebaut wurde».

Ferrari war nicht der Einzige, dem es der E-Type angetan hatte. Der Automobil-Journalist Fritz B. Busch, der von seiner Lesergemeinde respektvoll der «Autopapst» genannt wurde, sorgte mit einem legendären E-Type-Testbericht für das deutsche Magazin «Auto, Motor und Sport» für Furore.

Unter der Überschrift «Whisky pur auf Rädern» präsentierte er dort 1961 den Jaguar E-Type als «geschrubbte Flunder, die abenteuerlich nach Ölsardinen roch». Die Kolumne der Serie «Autos für Männer, die Pfeife rauchen» wurde zur Legende und der «E», wie ihn Kenner liebevoll nennen, zum Kultauto.

Der Guide für Männer, die Pfeife rauchen

Der Jaguar E-Type braucht nicht nur jede Menge Benzin (15 l auf 100 km/h, um genau zu sein), sondern auch ordnungsgemässe Pflege. Die Betriebsanleitung des E-Types liest sich wie die «Ulysses» von James Joyce: Am Ende versteht man von der Benzinkutsche nur Bahnhof.

Die Motorhaube des Jaguars erinnert an das grosse Maul des weissen Hais, und der Inhalt ist nicht minder gefährlich: Zwölf Zylinder mit 276 PS fletschen ungeduldig die Zähne, um mit einer maximalen Geschwindigkeit von 240 km/h den Asphalt zu zerreissen.

Im Vergleich zu Elon Musks neuem Tesla Model S Plaid mag der «E» wie Leonardo DiCaprios lahme E-Ente wirken. Doch das Gefühl von zwölf Zylindern unterm Hintern und einer endlosen Motorhaube vor Augen hat schon so manchen Hobbyfahrer vom lederbezogenen Hocker gehauen.

Worauf Sie beim Kauf achten müssen

Heute ist der ikonische Rennwagen in verschiedenen Karosserieformen erhältlich: Coupé (Fixed Head Coupe), Cabriolet (Open Two Seater) und einer selteneren «2+2»-Version mit Rücksitz.

Wir geben Ihnen hier einen umfassenden Überblick über wichtige Überlegungen beim Kauf eines klassischen Jaguar E-Type: von Modellvariationen und Zustandsbewertungen bis hin zu den Umständen, derer Sie sich bewusst sein müssen, wenn Sie sich einen derart heissen Ofen anschaffen wollen.

Modellvariationen des Jaguar E-Type

Series 1 (1961–1968)

Die Serie 1 ist das begehrteste E-Type-Modell aufgrund ihrer klaren Linien, der abgedeckten Scheinwerfer und des gut ausgestatteten Innenraums. Motoroptionen umfassen einen 3,8-Liter- oder einen 4,2-Liter-Reihensechszylinder, die beide beträchtliche Leistung und Drehmoment bieten.

E-Type Jaguar 4.2.
Die 4,2-Liter-Modelle wurden im Jahr 1964 eingeführt. - Depositphotos

Die 4,2-Liter-Modelle, die ab Oktober 1964 eingeführt wurden, zeichnen sich durch bequemere Sitze, synchronisierte Getriebe und bessere Bremsen aus.

Series 2 (1969–1971)

Mit der Einführung strengerer Sicherheits- und Emissionsstandards bot die Serie 2 offene Scheinwerfer, einen umlaufenden hinteren Stossfänger, grössere vordere Blinker, Rückleuchten unter den Stossfängern und eine verbesserte Kühlung.

Während diese Modelle etwas weniger leistungsstark sind, gelten sie als zuverlässiger und komfortabler für den täglichen Gebrauch.

Series 3 (1971–1975)

Die Serie 3 führte einen neuen 5,3-Liter-V12-Motor ein und unterschied sich damit erheblich in Leistung und Erscheinung. Zu den bemerkenswerten Merkmalen gehören ein längerer Radstand, eine breitere Spur, ein grösserer Kühlergrill und eine optionale Automatik.

Frontansicht eines 1975 Jaguar E-Type V12 Roadster.
Die Serie 3 kam als Letztes auf den Markt. Dieser E-Type V12 Roadster ist von 1975. - Depositphotos

Dieses Modell eignet sich besonders für diejenigen, die ein komfortableres Grand-Tourer-Fahrgefühl bevorzugen.

Worauf Sie beim Kauf eines E-Types achten müssen

Rost: Das bedeutendste Problem beim E-Type ist Rost. Wichtige Bereiche, die überprüft werden sollten, sind die Bodenbleche, der Kofferraumboden, die Schweller und die Schottwände.

Unfallschäden: Wie bei jedem klassischen Auto sollten Anzeichen von Unfallschäden geprüft werden. Fehlende Ausrichtung der Karosserieteile oder nicht übereinstimmende Lackierungen können Hinweise auf frühere Reparaturen sein.

Originalität: Übereinstimmende Nummern für Motor und Getriebe sind entscheidend für den Sammlerwert.

Der Zustand, die Elektrik und der Innenraum

Zustand: Achten Sie auf Anzeichen regelmässiger Wartung. Übermässige Ölverluste, Rauchentwicklung beim Starten und ungewöhnliche Geräusche können Anzeichen für kostspielige zukünftige Reparaturen sein.

Die elektrischen Systeme des E-Types, insbesondere der Serien 1 und 2, sind notorisch anfällig. Stellen Sie sicher, dass alle elektrischen Komponenten bei der Inspektion einwandfrei funktionieren.

Die Originalität und der Zustand des Innenraums können den Wert erheblich beeinflussen. Das Ersetzen abgenutzter Innenräume mit hochwertigen Materialien ist kostspielig, kann aber das luxuriöse Gefühl des Autos wiederherstellen.

Marktwerte und Investition

Der Wert des E-Types variiert stark je nach Zustand, Originalität und Modelltyp. Serie-1-Autos sind typischerweise am wertvollsten, mit makellosen Exemplaren, die weit über 250'000 Schweizer Franken erzielen können.

Serie-2- und Serie-3-Modelle sind in der Regel weniger teuer, können jedoch bei guter Wartung immer noch beträchtliche Preise erzielen. Der Kauf eines Projektwagens mag aufgrund einer geringeren Anfangsinvestition verlockend erscheinen, doch die Restaurierungskosten können schnell ausufern.

Es ist immer ratsam, ein realistisches Budget zu haben und die laufenden Wartungs- und Lagerkosten zu berücksichtigen.

Ein Oldtimer braucht Liebe, Pflege, & Kohle

Der Besitz eines E-Types bedeutet, sich den Eigenheiten eines Oldtimers zu stellen. Regelmässige Wartung ist ein Muss, einschliesslich Aufgaben, die bei modernen Fahrzeugen unüblich sind.

E-Type Motorhaube offen.
Wer sich mit Oldtimern nicht auskennt, für den ist ein E-Type nichts. Dieses Auto braucht mehr Pflege und Aufmerksamkeit als Ihr Hund! - Depositphotos

Dazu gehören die Einstellung der Vergaser und der Wechsel von Kontakten. Es ist auch ratsam, eine Beziehung zu einem spezialisierten Mechaniker aufzubauen, der klassische Jaguars versteht.

Wenn es so weit ist: Inspektion und Kauf

Pre-Purchase Inspection (PPI): Lassen Sie immer eine gründliche PPI durchführen, vorzugsweise von einem renommierten Spezialisten. Diese Inspektion sollte die mechanischen, elektrischen und strukturellen Aspekte des Fahrzeugs abdecken.

Speichenrad Jaguar E-Type.
Die verchromten Speichenräder des E-Types – hier macht das Putzen und Polieren besonders viel Spass. - Depositphotos

Dokumentation: Überprüfen Sie alle verfügbaren Unterlagen, einschliesslich Wartungsprotokolle und Vorbesitzerdokumentationen, um die Historie und Pflege des Autos zu bestätigen.

Einen E-Type kauft man nicht «aus Freude am Fahren», sondern aus Liebe

Der Jaguar E-Type ist mehr als nur ein Fortbewegungsmittel. Er ist eine Investition für Kenner, eine Liebeserklärung von Fahrern, oder wie es Fritz B. Busch es erklärt:

«Dieses Auto ist mit einer Flasche Whisky vergleichbar, mit der man einen Mann alleine lässt. Er muss entweder die Grösse haben, sich zu beherrschen, sie also nicht hinunterzustürzen – oder die Routine und die Reife, sie wirklich verkraften zu können. Ein Greenhorn söffe sich einen Katzenjammer an.»

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