Grönlands einziges Michelin-Menü: Walspeck und Seehundblut-Tartes

Judith Heede
Judith Heede

Am 15.08.2024 - 15:04

Poul Andrias Ziskas Menü begeistert Grönland und zieht Besucher aus aller Welt an. Ist dies die Zukunft der Gastronomie?

Grönland Häuser am Meer, mit Boot im Wasser.
Das Koks Restaurant auf Grönland liegt direkt am Meer und ein bisschen am Ende der Welt. - Tim Ecott

Das Gourmetrestaurant Koks gehört nicht nur aufgrund seiner abgelegenen Lage zu den angesagtesten Restaurants der Welt. Auch das ausgefallene Menü sorgt für Furore unter Feinschmeckern von den Färöer-Inseln bis nach New York.

Für diese Sommersaison stellt sich Chefkoch Poul Andrias Ziska noch ein letztes Mal an den Herd und beweist seine Fähigkeiten an den Küsten des rauen Nordatlantiks. Danach kehrt der Michelin-Chef zurück in seine Heimat, auf die Färöer-Inseln.

Das heute 33-jährige Megatalent hatte diese 2022 verlassen, um sein Pop-Art-Restaurant im Westen Grönlands zu eröffnen. Llimanaq liegt mehr als 200 Kilometer nördlich des Polarkreises.

Koks: Köstlich und ein bisschen crazy

Tim Ecott, der britische Reisejournalist und Autor des Buches «The Land of Maybe – A Faroe Island Year», schreibt für die BBC und den «Telegraph». Er besuchte das renommierte Koks-Restaurant, um die aussergewöhnliche Küche von Chefkoch Poul Andrias Ziska zu erleben.

Das erste Gericht, das Ecott serviert wird, ist ein kleiner, glänzender Würfel aus rohem Walblubber beziehungsweise Speck, an dem noch die glänzende schwarze Haut haftet.

Es handelt sich um Mattak, eine Delikatesse, die für die einheimischen Grönländer den Status von Komfortnahrung hat.

Roher Wal mit Nussgeschmack

Der rohe Blubber und die Haut sind mit Johannisbeerblätter-Öl bestrichen und liegen auf einem eleganten Block aus glasiertem Porzellan.

Ecott beschreibt in seiner Restaurantkritik für den «Telegraph» den komplexen, nussigen Geschmack, ohne eine Spur von Fischigkeit.

Schwarz-Weiss-Aufnahme Instagram, zwei Köche.
Chefkoch Poul Andrias Ziska, links, mit Sous Chef Agnes. - Screenshot Instagram @koks_restaurant

Gerne hätte er sogar eine grössere Portion gehabt. Aber es kommen noch 17 weitere Gänge, und er müsse Platz für den Rentierherz-Tartar lassen.

Nachhaltigkeit und Lokalität haben Priorität

Grönland, wie die Färöer-Inseln, ist ein autonomes dänisches Gebiet. Achtzig Prozent der Landmasse sind von einer gewaltigen Eisschicht und Gletschern bedeckt, während die winzige Bevölkerung von 56'000 Menschen hauptsächlich entlang der Küste lebt.

Ziska erklärt Ecott, dass er schon lange darüber nachgedacht hätte, etwas in Grönland zu machen. Die Nähe der Menschen zu ihrer Umwelt passe sehr gut zu der Philosophie, die er in seinem Restaurant pflege.

Die kulinarischen Kunstwerke von «Koks»

Der Weg zur grönländischen Reinkarnation von «Koks» gleicht einer Odyssee. Vom nächstgelegenen Ort Ilulissat reisen Besucher eine Stunde mit dem Boot durch ein Labyrinth aus hoch aufragenden Eisbergen.

Boot inmitten von Eisbergen Grönland.
Alleine die Anreise zum Restaurant ist ein Abenteuer. - Screenshot Instagram @koks_restaurant

Das Dorf Ilimanaq, übersetzt «Ort der Hoffnung», beherbergt nur etwa 50 Menschen und mehr als ein Dutzend Schlittenhunde. Im historischen schwarzen Holzgebäude des Dorfes empfängt das Team von «Koks» seine Gäste.

Ein Moschusochsenschädel begrüsst die Gruppe, wenn sie den intimen, kerzenbeleuchteten Speiseraum betreten. Ziska erklärte, dass es sehr wichtig sei, die Botschaft zu vermitteln, dass man in Grönland sei und das Essen die lokale Kultur widerspiegele.

Symbiotische Zusammenarbeit

Die kreative Speisekarte ist ein Meisterwerk lokaler Delikatessen und das Ergebnis von sechs Monaten Arbeit. Ziska erklärte, oft hätten sie eine Idee, probierten sie aus und dann komme eine neue Idee.

Mann fischt von einem Felsen aus im Meer. Grönland. Koks.
Was im Koks auf den Tisch kommt, ist lokal, nachhaltig, frisch und mit viel Liebe zubereitet. - Screenshot Instagram @koks_restaurant

Jedes Gericht wird akribisch zu einem kulinarischen Kunstwerk gestaltet. Hier ist weitaus mehr als schieres Talent und Kreativität gefragt.

Disziplin, Teamgeist und ein kulturelles Verständnis sind mindestens genauso wichtig, um die Gerichte zu perfektionieren.

Jedes Gericht erzählt eine Geschichte

Anne Nivika Grødem, eine grönländische Lebensmittel-Expertin, erklärt, dass die lokalen Zutaten alle eine Geschichte zu erzählen hätten und die Esskultur eng mit der Identität verbunden sei.

Grødem zufolge ist der Einfluss des «Koks’» auf die lokale Food-Szene positiv und könne weitere Entwicklungen der grönländischen Gastronomie inspirieren.

Ist «Koks» die kulinarische Zukunft?

Tim Ecott unterstreicht in seiner Restaurantkritik die besondere Bedeutung von Ziskas Arbeit. Er sieht sie als einen Blick in die Zukunft der Gastronomie.

Ziska habe sich einen Namen gemacht, indem er 2017 die erste Michelin-Stern-Auszeichnung für ein Restaurant auf den Färöer-Inseln gewann.

Michelin Essen: Moschusoche auf teller.
Bis zum 7. September können Foodies und Feinschmecker noch im Koks auf Grönland speisen, zum Beispiel Moschusochse. - Tim Ecott

Trotz der Isolation und der logistischen Herausforderungen bleibt Ziska entschlossen, die lokale Esskultur zu fördern. Er setzt auf nachhaltige, lokal bezogene Zutaten.

Würdigung lokaler Esskultur(en)

Die einzigartigen und frischen Zutaten Grönlands bieten eine aufregende Möglichkeit, die kulinarischen Grenzen zu erweitern und neue Geschmackserlebnisse zu schaffen.

Mit seinem Engagement für Nachhaltigkeit und lokale Zutaten gibt er ein Beispiel dafür, wie wichtig es ist, die reiche und oft übersehene Esskultur der Arktis zu würdigen.

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